„Abenteuer bei Asante e.V.“ – Ein Bericht von Thies Wollesen


Die Scheiben des Taxis, das mich vom Flughafen in Mombasa zur Kristina Academy in Tiwi bringt, sind verdunkelt. Der Taxifahrer bittet mich, sie hochzukurbeln. Wenn Weiße im Taxi sind, besteht immer die Gefahr, dass hineingegriffen wird. Es ist drückend heiß bei 35 Grad Celsius, an den ständigen Schweiß sollte ich mich für die nächsten zwei Monate gewöhnen. Wir fahren durch das Ghetto von Mombasa, wo wir Wasserkarren überholen, die von Menschen gezogen werden. Überall am Straßenrand sind Leute, die in provisorisch wirkenden Wellblechhütten quatschen, feilschen und ihrem Alltag nachgehen.

„Welcome to Kenya“ heißt es auf einem Schild. Dies ist der Beginn eines kleinen Abenteuers bei Asante e.V., dem Verein, mit dem unsere Schule seit einigen Jahren eng kooperiert. Im Januar und Februar 2013 absolvierte ich dort ein Entwicklungshilfepraktikum.

Die Taxifahrt dauerte noch weitere dreißig Minuten, dann erreichten wir Tiwi. Wenn Georg Becker sagt, Tiwi liegt mitten im Busch, dann stimmt das wirklich. Tiwi liegt mitten im Busch. Meine Unterkunft war auf dem bewachten Schulgelände, was die sicherste kostengünstige Alternative darstellte. Meine erste Nacht unter dem Moskitonetz war aufgrund der Hitze kaum auszuhalten. Hinzu kam die am Anfang völlig übertriebene Angst vor Malariamücken, die sich dadurch bemerkbar machte, dass ich mich mit zwei Taschenlampen vorm und hinterm Körper bewaffnete, wenn ich zur Toilette musste. Das Licht hält die Mücken fern.

Am ersten Morgen wurde ich dann allen vorgestellt. Nach der Eingewöhnungsphase und dem Kennenlernen des Asante-Teams, der Lehrer und der Dorfgemeinde begann die eigentliche Arbeit. Diese bestand aus einer Art Unternehmensberatung für die Schule. Dank großzügiger Spenden aus Flensburg und ganz Deutschland wächst der Verein schnell und das Ausbildungsniveau an der Kristina Academy liegt weit über dem vergleichbarer öffentlicher Schulen in Kenia.
Nichtsdestotrotz ist die Unterrichtsgestaltung recht überholt und anders als in Deutschland. Da es jedoch an Personal und Know-How fehlt, um den Unterricht weiter zu verbessern, konnte ich diese Aufgabe übernehmen. Ich half den Lehrern dabei, ihren Unterricht von altbritischen Frontalmethoden auf modernere Interaktion mit den Schülern umzustellen. Besonders schwierig war es, die Lehrer zur kritischen Zusammenarbeit zu bewegen.In Kenia ist die Obrigkeitshörigkeit sehr ausgeprägt und mir als Weißem wurde anfangs in allen Punkten zugestimmt. Nach einigen Wochen, als die Lehrer jedoch erkannten, dass ich ihr Teampartner und nicht ihr Chef bin, klappte dies wunderbar. Darüber hinaus übernahm ich administrative Aufgaben in Zusammenarbeit mit Schulgründerin und Herz des Vereins Christine Rottland. In meinen Augen basiert der Erfolg von Asante e.V. zum größten Teil auf der Tatsache, dass Christine die Kultur sehr gut kennt, die Sprache spricht und die meiste Zeit in Kenia verbringt. Dies verhindert, dass Gelder veruntreut werden und hilft, die wirklichen Bedürfnisse der Bevölkerung zu erkennen und keine falschen Anreize zu setzen.
Hierzu ein Beispiel: viele große Entwicklungshilfeorganisationen verteilen große Nahrungsmitteleinheiten an Familien, um Kinder vor dem Hungern zu schützen. Was jedoch häufig passiert, ist, dass die Väter diese Vorräte in kleinere Einheiten umfüllen, verkaufen und sich von dem erwirtschafteten Geld Alkohol und Zigaretten kaufen. Bei Asante e.V. werden die Kinder hingegen direkt in der Schule mit Essen versorgt.

Während meines Aufenthaltes machte ich Bekanntschaft mit dem kenianischen Deutschlehrer Michael, der im April dieses Jahres an der AVS hospitierte. Ich verbrachte viel Zeit in seinem Unterricht, sodass die Kinder einen realen Bezug zu der von ihnen gelernten Sprache bekommen konnten. Zusammen machten wir uns an das Großprojekt, ein Visum für ihn zu bekommen, was schlussletztlich auch gelang.

Am Ende meines Aufenthaltes hatte ich das Gefühl, dass in Tiwi ein vorbildliches Entwicklungshilfeprojekt vorangetrieben wird. Ich hatte viel Spaß an der Kristina Academy mit meinen kenianischen Kollegen. Sie waren sehr herzlich und freundlich. Auch, lernte ich, welche Situationen zu meiden waren und wann man wirklich gänzlich gelassen bleiben kann. Man sollte zwar seine Augen offen halten, im Prinzip kann man aber entspannt sein. Wie ich Kenia auf der Taxifahrt zurück zum Flughafen wahrgenommen habe, war jedenfalls anders als noch auf der Hintour.

Thies Wollesen,
AVS Flensburg
Abschlussjahrgang 2011